Apels Schmiede
(von Oskar und Susanne Luise Herma Apel)
Der Erbauer der Mosheimer Schmiede, Friedrich Adam Apel wurde am 28.04.1881 als Sohn des Landwirtes Paulus Apel und dessen Ehefrau Maria Elisabeth, geb. Jungmann in Mosheim geboren. Das Geburtshaus stand auf dem heutigen Grundstück der Familie Heimel.
Friedrich Apel erlernte das Schmiedehandwerk vom 1. Mai 1895 bis zum 1.5.1898 in einer Homberger Huf- und Wagenschmiede. Danach absolvierte er seine Gesellenzeit vom 4. Mai 1898 bis zum 28. Januar 1905 in einer Schmiede in Ihringshausen, KreisCassel. Nach sieben Jahren Gesellenzeit zog es ihn dann wieder zurück in seinen Geburtsort Mosheim . Im März 1905 legte er in Cassel die durch das Gesetz vom18. Juni 1884 eingeführte Prüfung zum Nachweis der Befähigung zum Betriebe des Hufbeschlaggewerbes seine Prüfung ab.
Laut Handzeichnung des königlichen Katasteramtes Homberg erwarb Friedrich Apel im Jahre 1905 von dem Mosheimer Schäfer Heinrich Jakob ein Teil dessen Grundstückes. Der Plan zum Bau seiner eigenen Schmiede wurde dann im Jahre 1907 in die Tat umgesetzt, nachdem Friedrich seine Frau Elisabeth Margarete, geb. Höhmann aus Ihringshausen am 28. April 1907 geheiratet hatte.Zum Bau der Schmiede kamen die Schwiegereltern eigens aus Ihringshausen mit Pferdewagen und brachten das Gebälk für die zuerrichtende Schmiede. Das gesamte Baumaterial wurde dann mit den Pferdewagen herbei geholt.
Elisabeth Apel war zu dieser Zeit in guter Hoffnung und bekam am10. Juli 1908 im Hause ihrer Schwiegereltern Paulus und Maria Apel in Mosheim ihre erste Tochter Elise Philippine Margarete. Schon während der Bauzeit der Schmiede besuchte Friedrich Apel die Meisterschule in Cassel.
Am 19. September 1908 erhielt er von der Handwerkskammer zu Cassel seinen Meister-Brief für das Schmiede Handwerk. Dies befähigte ihn zumselbständigen Führen seiner Schmiede. In der Schmiede mit zwei Feuerstellen, welche durch einen handbetriebenen Blasebalg angefeuert wurden konnte er von nun an in seiner großen Werkstatt mit zwei Ambossstöcken Lehrlinge ausbilden und mit seinen Gesellen arbeiten.
Friedrich Apel war ein sehr ehrgeiziger Mann und bereits ein Jahr später, im Jahre 1909, erbaute er das Wohnhaus mit angrenzender Scheune neben seiner Schmiede in das er mit seiner Frau Elisabeth und Tochter Philippine einzog. In dieser Zeit erwarber einige Ländereien und baute in 1911 direkt an das Wohnhaus mit Scheune Stallungen mit darüber liegendem Futterboden. Am 19.07.1911 wurde die zweite Tochter Maria Katharina geboren, die jedoch nach nur 10 Monaten im Mai 1912 aneiner Lungenentzündung verstarb. Ein schwerer Schicksalsschlag für die junge Familie Apel. Schmiedemeister Friedrich besuchte in den Jahren 1914/15 die Baugewerkschule. Hiermit war er zusätzlich zu seiner Arbeit als Huf- und Wagenschmied dazu befähigt Wasserleitungen und Stromleitungen zu verlegen.
Martha Elisabeth, die dritte Tochter von Friedrich und Elisabeth Apel wurde am 6.11.1915 geboren, in der schweren Zeit des 1.Weltkrieges. Als Martha Elisabeth geboren wurde war Friedrich schon als Soldat im Feld. Heute noch zeugen Briefe und Karten, die Friedrich aus dem Krieg schrieb, davon , wie schwer die Zeit gewesen sein musste. Seine Frau Elisabeth war allein mit ihrer damals siebenjähriger Tochter Philippine und der kleinen Martha Elisabeth. Unterstützung hatte sie von ihren Eltern aus Ihringshausen und dem verwitweten Schwiegervater Paulus Apel. Friedrich wurde im Krieg durch Granatsplitter an der Schulter verwundet und kam ins Lazarett der Garnison Gleiwitz. Als wäre dies nicht schon schwer genug für die Familie gewesen, verstarb die kleine Tochter Martha Elisabeth im Alter von 19 Monaten im April 1916. Friedrich Apel hat sein Töchterchen nie kennenlernen können.
Im Juli 1916 kam Friedrich aus dem Lazarett wieder zurücknach Mosheim, wo er nach nur kurzer Erholungsphase seine Arbeit als Schmiedwieder aufnahm. Das Geschäft lief fortan sehr gut. Mit seinen Lehrlingen und Gesellen war reges Treiben in der Schmiede und am Hof. Pferde wurdenbeschlagen, Reifen auf Holzräder gezogen, Eggen und Schare geschärft und Reparaturarbeiten durchgeführt. Am aufwendigsten waren die Geländer, Zäune und Grabeinfassungen mit am Schmiedenfeuer hergestellten Schnörkeln, die heute noch wie Kunstwerke aus vergangenen Zeiten bei manchen Mosheimer Häusern anzusehen sind.
Am 17. Februar 1919 wurde Friedrichs erster Sohn Johann Georg geboren. Und bereits drei Jahre später am 22. Februar 1922 der zweite Sohn Luis Otto. Im Wohnhaus der Familie Apel wurde es in diesen Jahren immer beengter, denn außer der Familie schliefen auch die Lehrlinge und Gesellen mit im Wohnhaus.
Tochter Philippine zog esin 1932 nach Ostheim zu dem Schmiedemeister Ferdinand Hofmann, den sie am 17.September 1932 in der Mosheimer Kirche heiratete.
Georg, Sohn des Schmiedemeisters erlernte in der Zeit vom1.4.1933 – 1.4.1935 das Handwerk des Schmiedes bei seinem Vater Friedrich in der Mosheimer Schmiede. Ein weiteres Jahr der Ausbildung absolvierte er vom 1.4.1935 – 1.10.1936 in der Huf- und Wagenschmiede Botte in Homberg. Nachdem Georg seine Ausbildung abgeschlossen hatte, wurde die Mosheimer Schmiede im Jahr 1936 um- und angebaut. Aus der kleinen Schmiede aus dem Jahr 1907 entstand nun ein weitaus größeres Gebäude mit einem Lagerraum neben der Werkstatt der Schmiedeund einer Waschküche. Auf dem Dachboden entstand ein großes Eisenlager und eine Lehrjungenkammer.
Georg arbeitete vom 1.10.1936 bis zum 27.10.1938 im Betrieb seines Vaters als Geselle, bevor er im Oktober 1938 für ein Jahr zum Reichsarbeitsdienst herangezogen wurde. Vom März 1939 an arbeitete Georg noch 5 Monate bei seinem Vater, dann wurde er zum Arbeitsdienst abgerufen. Auch Sohn Otto musste in den Krieg ziehen und Friedrich musste mit 57 Jahren ohne seine beiden Söhne den Betrieb der Schmiede aufrecht erhalten. Die harten Jahre des Krieges lasteten schwer auf den Schultern des Schmiedemeisters und dessen Frau Elisabeth die ihre Söhne so fern der Heimat wussten. Der Hof machte ohne die Söhne sehr viel Arbeit. Außer der Arbeit in der Schmiede mussten noch die Küheund Schweine versorgt und die Felder bestellt werden. Aus Angst vor Fliegerangriffen wurden die Fenster im Wohnhaus und in der Schmiede abgedunkelt. Lebensmittel wurden knapp und so wurde in der Schmiede eine ganz kleine Art Speisekammer abgemauert, die nur über eine kleine Eisenklappe im Lager der Schmiede zu erreichen war. Hier wurde Eingemachtes, Speck, Wurst, Fett und Schinken versteckt, damit man für magere Zeiten etwas zu essen hatte.
Sohn Georg kam im Mai 1943 in russische Gefangenschaft aus der er im Dezember 1945 heimkehrte. Aus Russland kommend kam er mit dem Zug in Gensungen an und machte sich durch tiefen Schnee watend zu Fuß auf den Weg nach Hause. Es war für ihn nach all den Jahren wie ein Wunder als er nahe des neuen Hofes Wenderoth den Feldweg hinauf kam und seinen Geburtsort Mosheim vor sich erblickte. Sein Bruder Otto befand sich zu dieser Zeit in Gefangenschaft in England. Am 3. Mai 1948 schickte er von dort aus seinen letzten Brief mit den Worten: „Es klingt wie eine Sage, nur noch 10 Tage dann bin ich bei euch. Sonntag geht es auf das Schiff und wenige Tage später werde ich bei euch sein.“ Per Schlauchboot bei Windstärke 8 kam er über den Ärmelkanal zurück in die Heimat. Die Familie Apel war nach vielen sehr schweren Jahren wieder vereint.
Georg arbeitete nach seiner Rückkehr ab dem 1. Juli 1946 wieder in der elterlichen Schmiede. Beim Maitanz in Trieschmanns Saal lernte Georg die junge Anna Wilhelmina Alter aus Hilgershausen kennen, die er dann während der Währungsreform am 4.7.1948 heiratete. Nach den Kriegsjahren wurden Flüchtlinge bei der Familie Apel einquartiert. Josef Gerblich, Schmied aus Buchelsdorf im Sudetenland mit seinen beiden Kindern Rudolph (14) und Caroline (25) bezogen am 17. Mai 1946 um19.00 Uhr ihre Stube in Apels Wohnhaus. Dort fanden sie nach der Flucht ausihrer alten Heimat erst einmal wieder ein Zuhause. Georgs Bruder Otto , der von 1936 – 1939 in der Homberger Huf- und Wagenschmiede den Beruf des Schmiedes erlernt hatte, arbeitete nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft in Grifte bei dem Schmiedemeister Krug,dessen Tochter Martha er in 1949 heiratete. Im Jahr 1952 machte er die Meisterprüfung zum Schmied. Im April 1949 machte Georg die Hufbeschlagsprüfung. Im August 1954 machte Georg die Meisterprüfung als Schmied. Georg und seine Frau Minna waren zu dieser Zeit Eltern zweier Söhne. Sohn Otto wurde 1950 geboren und Sohn Oskar in 1954.
Friedrich Adam Apel, der Erbauer der Schmiede verstarb am19. September 1965 in seinem Haus. Der Schmiedemeister wurde bis zu seiner Beisetzung in seiner Schmiede aufgebahrt, bei Kerzenlicht und mit Tannenzweigen umsäumt wurde ihm die letzte Ehre zuteil. Bis zu seinem Tode war Friedrich, der von den Dorfbewohnern „Apels Fritz“, genannt wurde ein ehrenwerter Mann. Über viele Jahrzehnte war er nicht nur der Schmiedemeister Mosheims, sondern auch jahrelang Vorsitzender des Gesangvereins 1846. In 1953 wurde ihm der Sänger-Ehrenbrief für 50 Jahre uneigennützigen Dienstes am deutschen Lied und deutscher Kultur verliehen. Elisabeth Apel, die Ehefrau des alten Schmiedemeisters Friedrich Adam Apel verstarb zehn Jahre nachdem Tod ihres Mannes im Kreise ihrer Familie.
Schmiedemeister Georg Apel führte die Schmiede noch bis1975. In all den Jahren der Schmiede wurden sehr viele Lehrlinge ausgebildet. Liest man heute in den noch vorliegenden Lehrverträgen von damals, so erfährt man,dass der Lehrherr dem Lehrling Kost und Wohnung und neben diesen Leistungen ein monatliches Taschengeld von 4 Mark brutto im ersten Lehrjahr, 6,00 Mark brutto im zweiten und 8,00 Mark im dritten Lehrjahr zu zahlen hatte. Zu den sonstigen Vereinbarungen gehörte dann auch ein sehr oft in der Lehrverträgen zu lesender Zusatz: Der Lehrling hat zu der vom Meister festgesetzten Zeit sich abends im Bett zu befinden. Das Rauchen während der Lehrzeit ist verboten. Für jeden nachgewiesenen Fall des Rauchens odereiner Unehrlichkeit muß er 14 Tage bzw.4 Wochen nachlernen.
Die Familie Apel war in Mosheim zuständig jeden Monat die Stromzähler der Dorfbewohner abzulesen und das Stromgeld bar zu kassieren. Seit es Strom in Mosheim gab war Friedrich Apel Stromableser. Seine Schwiegertochter Minna hat diese Arbeit dann über viele Jahre fortgesetzt. Erst Mitte der neunziger Jahre hat die Familie diese Tätigkeit beendet. Von 1956 an konnte man bei Apels Gasflaschen kaufen, welche von vielen Dorfbewohnern noch über viele Jahre zum Kochen benutzt wurden. Auch Glühbirnen und Batterien wurden über die Jahre hin verkauft. Wurde im Dorf geschlachtet, brachten die Bauern ihre alten Einmachbüchsen zum Abschneiden und brachten diese mit Wurst gefüllt wieder, damit sie an der Büchsenmaschine wieder verschlossen werden konnten. Bis Mitte der achtziger Jahre konnte man bei Apels noch Büchsen abschneiden und schließen lassen. Fing die Gartenarbeit im Frühjahr an wurden am Schleifstein die Hacken geschliffen, damit die Arbeit in Garten und Feld leichter von der Hand ging. Da der Schmied gut mit der Zange umgehen konnte wurde auch schon mal ein Zahn in der Schmiede gezogen, oder ein zu eng gewordener Ehering aufgeschnitten.
Georgs Sohn Oskar erlernte wie schon der Großvater Friedrich Adam und sein Vater Georg das Schmiedehandwerk von 1968 bis 1971 bei der Firma Prüssing & Küster in Holzhausen. Noch heute schwingt er hobbymäßig den Hammer am Amboss und verschönert Haus und Hof mit seinen Schmiedearbeiten.
Im Jahr 1976 wurde ein Wirtschaftsgebäude mit Futterbodenerbaut und im Jahr 1977 wurden die damalige Scheune und der Kuhstall abgerissen und das alte Wohnhaus erweitert. Die Schweinehaltung wurde noch bis Mitte derneunziger Jahre betrieben.
Oskar Apel heiratete 1983 seine Ehefrau Susanne Apel, geb.Rau. Gemeinsam mit ihren beiden Kindern Nadine und Dennis halten sie ihr Zuhause in Ehren. Ihnen ist es wichtig Apels Schmiede in ihrer Art zu erhalten.
Georg und Minna Apel lebten von 1994 bis Sommer 2000 bei ihrem Sohn Otto, dem Bandagistenmeister in Schwarzwald. 1998 feierten sie ihre goldene Hochzeit in Mosheim in ihrem Haus. Als Georg Apel im Jahre 2000 im Schwarzwald sehr krank wurde, war das Heimweh nach seinem Zuhause sehr groß. In Erinnerung an die vielen schweren Jahre, in denen in vielen Familien und jeder Generation der Familie Apel die Heimat oftmals weit entfernt war, schrieb Susanne Luise Herma Apel ihrem Schwiegervater ein Gedicht:
Heimat
Heimat wie bist du so fern, dabei wäre ich bei dir doch so gern.
Kann nicht mehr hör´n das vertraute Abendleuten,
nicht mehr seh´n die Menschen, die mir so viel bedeuten.
Mein Herz ist schwer und leer zugleich,
nur in Gedanken komm ich ins Schwanken –
sollt ich nicht gehen der Heimat entgegen,
denn dann hätten mein Herz und meine Seele ihren Segen.
Am 4. Juli 2000, an seinem Hochzeitstag hatten ihn sein Sohn und Enkel mit seiner Frau Minna wieder nach Hause geholt. Beim Abendleuten stieg er aus dem Auto und hatte Tränen der Freude in den Augen. Am 17. Juli 2000 verstarb der letzte Mosheimer Schmiedemeister in seinem Geburtshaus im Kreise seiner Familie. Im Alter von 84 Jahren verstarb im Jahr 2009 die letzte Zeitzeugin, Minna Apel, die die schweren und oftmals harten Zeiten der Mosheimer Schmiede miterlebt hatte wie auch schon alle Vorfahren in ihrem Zuhause.
Die Schmiede ist und bleibt auch heute nach über 100 Jahren immer noch Mittelpunkt der Familie Apel. Seit Jahren wurde es zur Tradition,dass jedes Jahr zu Weihnachten mit Familie und Freunden „Apels Schmiedenweihnacht“ in besinnlicher Runde am wärmenden Feuer der Esse gefeiert wird. Zu dieser Jahreszeit erleuchtet die Schmiede in weihnachtlichem Glanz und macht allen Nachkommen von Friedrich Adam Apel immer wieder deutlich wie wertvoll es ist ein Zuhause zu haben.
Ein Zuhause das zwei Weltkriegen und manchen Widrigkeiten des Lebens stand gehalten hat. Und wie schrieb es Goethe einst:
„Was gibt uns wohl den schönsten Frieden als frei am eigenen Glück zu schmieden“
Dieser Spruch wurde zum Hausspruch der Familie Apel.
Noch heute nach über 100 Jahren zieht ab und zu noch der Klang des Hammerspiels am Amboss und der Rauch der durch die Esse zieht in das Mosheimer Dorf. Bei vielen älteren Bewohnern werden dann sicher Erinnerungen an längst vergangene Zeiten geweckt.